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Anwendungssicherheit

Carbamate besitzen eine wesentlich geringere Warmblütertoxizität als Organophosphate (Smalley 1970a) und sind auch bei Katzen und Welpen gut verträglich (Ungemach 1994b).
Propoxur ist etwa 4-fach toxischer als Carbaryl, aber trotzdem bei Hunden und Katzen gut verträglich (Ungemach 1994b; Moldovan 1976a).
 

Akute Toxizität

Das toxische Prinzip der Carbamate beruht auf einer reversiblen Hemmung der Acetylcholinesterase (AChE) (Ehrich 1992a; Kühnert 1991a). Dabei wird sowohl die anionische als auch die esteratische Seite des Enzyms blockiert. Da die Acetylcholinesterase in der Lage ist, die Carbamate zu hydrolysieren, ist diese Blockade jedoch voll reversibel und die Ausgangsaktivität des Enzyms bereits nach wenigen Stunden wieder erreicht (Adam 1987a; Kühnert 1991a).
Eine Vergiftung entsteht dann, wenn das Insektizidangebot im Körper die Carbamylisierungsrate an AChE übersteigt, d.h. die Hydrolyserate durch das Enzym nicht äquivalent ansteigt. In der Folge findet eine Anreicherung von Acetylcholin an neuromuskulären Verbindungstellen, den parasympathischen postganglionären Enden der glatten Muskulatur, am Herzmuskel und an den Drüsen, allen autonomen Ganglien und an den cholinergen Synapsen im Zentralnervensystem statt. Damit sind alle muskarin- und nikotinartigen cholinergen Rezeptoren übererregt (Kühnert 1991a; Fikes 1990a).
 

LD50

Ratteoral: ca. 50 mg/kg
dermal: über 5000 mg/kg (Ungemach 1994b)
 

Symptome der Propoxurintoxikation

Die Vergiftungssymptome sind grundsätzlich die gleichen wie bei der Organophosphatvergiftung, jedoch verschwinden sie viel rascher (Adam 1987a; Blagburn 1995a).
Überdosierungserscheinungen sind Ausdruck überhöhter Acetylcholinkonzentrationen durch Hemmung der Acetylcholinesterasen. Infolge dessen kommt es zur Übererregung des peripheren cholinergischen Systems (Hass 1970a). Die Symptomatik kann sowohl durch muskarinartige, nikotinartige oder zentralnervöse Effekte bestimmt sein (Blagburn 1995a).
 

Stimulation der muskarinartigen Rezeptoren an parasympathischen Nervenendigungen

Exokrine Drüsen:Salivation, Lakrimation, Schwitzen
Augen:Miosis (beim Schwein Nystagmus), injizierte Konjunktivalgefässe
Gastrointestinaltrakt:Übelkeit, Erbrechen (besonders beim Hund), Diarrhoe, Tenesmus, fäkale Inkontinenz
Respirationsapparat:Bronchokonstriktion, Bronchospasmus, Husten, Bradypnoe, Dyspnoe
Kardiovaskuläres System:Bradykardie, Blutdruckabfall
Blase:frequenter Harnabsatz (Adam 1987a; Smalley 1970a).
 

Stimulation nikotinartiger Rezeptoren an vegetativen Ganglien und motorischen Endplatten

Muskulatur:Unruhe, Tremor, Ataxie, Muskelsteife, generalisierte Muskelzuckungen und Paralyse (Blagburn 1995a; Adam 1987a).
 

Stimulation der Acetylcholinrezeptoren im Gehirn

ZNS:Bei Überwinden der Blut-Hirnschranke und Erregung zentraler Cholinozeptoren kommt es zu Lethargie, Müdigkeit, Tremor, Krämpfen und Koma mit Atemlähmung (Blagburn 1995a; Adam 1987a; Smalley 1970a).
 

Verlauf der Intoxikation

Die klinische Symptomatik beginnt je nach Expositionsart, Minuten bis wenige Stunden nach Aufnahme einer toxischen Dosis.
Die ersten Symptome sind meist muskarinartig, wie Hypersalivation, Lakrimation, Hypermotilität des Gastrointestinaltraktes, Erbrechen, Diarrhoe, Bronchokonstriktion, vermehrte bronchiale Sekretion, Bradykardie und Miosis. Durch gleichzeitige Stimulation des Sympatikus kann es aber auch zu gegenteiligen Symptomen, wie Mydriasis und Tachykardie kommen. Später treten dann nikotinartige, neuromuskuläre Symptome, wie Muskelsteife, Muskelzuckungen, Tremor, Muskelschwäche und Paralyse auf. Bei Anreicherung von Acetylcholin an den cholinergen Rezeptoren im ZNS kommt es zu Unruhe, Hyperaktivität, Krämpfen und mentaler Depression. Todesursache ist eine ausgeprägte Dyspnoe durch zentrale Hemmung des Atemzentrums, exzessive Bronchosekretion und -konstriktion und Lähmung der Atemmuskulatur (Smalley 1970a; Fikes 1990a). Bei Carbamatvergiftungen sind Todesfälle jedoch sehr selten (Kühnert 1991a).
 

Therapie

Das bevorzugte Antidot für die akuten, muskarinartigen Symptome ist Atropin (parasympatholytisch). Es antagonisiert kompetitiv die Wirkung von Acetylcholin an den muskarinartigen Rezeptoren im autonomen Nervensystem und auch an nicht definierten Rezeptoren des ZNS (Humphreys 1988a; Smalley 1970a; Kühnert 1991a; Douglas 1952a).
 
Dosierung des Atropins (ein Drittel intravenös, den Rest subkutan):
-Rind:0,6 mg/kg
-Schaf:1,0 mg/kg
-Pferd:0,1 mg/kg
-Hund:0,3 mg/kg
-Katze:0,3 mg/kg
 
Eine wirksame Atropinisierung ist erreicht, wenn die Pupillen dilatieren und die Salivation sistiert; Wiederholung falls nötig alle 4 - 6 Stunden bis maximal 6 mg/kg Totaldosis erreicht sind (Kühnert 1991a; Blagburn 1995a).
 
Oxime (Obidoxim und Pralidoxim) sind aufgrund der raschen Reversibilität der Hemmung unwirksam und kontraindiziert (Kühnert 1991a; Humphreys 1988a; Blagburn 1995a). Ihre reaktivierende Potenz ist bei Carbamaten im Vergleich zu Organophospaten gering (Adam 1987a). Es besteht im Gegenteil die Gefahr der Erhöhung der toxischen Wirkung der Carbamate (Kühnert 1991a).
 
Als weitere symptomatische Therapiemassnahmen sind nötig:
  1.Aufrechterhaltung der Atmung (Absaugen des Bronchialsekretes und Beatmung)
  2.Bei oraler Aufnahme Giftentfernung durch Emesis oder Magenspülung, Aktivkohle und Glaubersalz oder neutrales Mineralöl
  3.Bei Aufnahme über die Haut Waschbehandlung mit wässriger, alkalischer, detergenzienhaltiger Lösung
  4.Diuretika können ebenfalls hilfreich sein
  5.Krampfbehandlung, z.B. mit Diazepam (Kühnert 1991a; Adam 1987a; Humphreys 1988a).
 

Chronische Toxizität

Bei Hühnern kann es zu verzögerten neurotoxischen Effekten, in Form von Degeneration des Rückenmarks, kommen (Rasul 1974a).
 
Hunde vertragen 20 mg/kg pro Tag über Monate ohne toxische Wirkungen (Deplazes 1999a).
 

Umwelttoxizität

Carbamate besitzen keine lange Persistenz in der Umwelt, sind jedoch fisch- und bienentoxisch (Ungemach 1994b).
© {{ new Date().getFullYear() }} - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

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